Im Lichte der Wahrheit

Gralsbotschaft von Abdrushin


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Inhaltsverzeichnis


30. Der Mensch und sein freier Wille

Um darüber ein geschlossenes Bild geben zu können, muß vieles außerhalb Liegende mit angezogen werden, das seine Einflüsse auf die Hauptsache mehr oder weniger geltend macht!

Der freie Wille! Das ist etwas, wovor sogar bedeutende Menschen sinnend stehen bleiben, weil bei einer Veranwortlichkeit nach den Gesetzen der Gerechtigkeit auch unbedingt eine freie Entschließungsmöglichkeit vorhanden sein muß.

Wohin man auch hört, von allen Seiten kommt der Ruf: Wo soll ein freier Wille im Menschen sein, wenn es in Wirklichkeit Vorsehung, Führung, Bestimmungen, Sterneneinflüsse und Karma *(Schicksal) gibt? Der Mensch wird geschoben, gehobelt, geformt, ob er nun will oder nicht!

Mit Eifer stürzen sich ernsthaft Suchende über alles, was vom freien Willen spricht, in der ganz richtigen Erkenntnis, daß gerade darüber eine Erklärung notwendig gebraucht wird. Solange diese fehlt, vermag sich der Mensch auch nicht richtig einzustellen, um sich in der großen Schöpfung als das zu behaupten, was er wirklich ist. Wenn er aber nicht die richtige Einstellung zur Schöpfung hat, muß er ein Fremder darin bleiben, wird umherirren, muß sich schieben, hobeln und formen lassen, weil ihm das Zielbewußte fehlt. So ergibt dann eins das andere, und aus natürlicher Folgerichtigkeit heraus ist der Mensch zuletzt das geworden, was er heute ist, das er aber eigentlich nicht sein soll!

Sein großer Mangel ist, daß er nicht weiß, wo eigentlich sein freier Wille ruht und wie er sich betätigt. Der Umstand zeigt auch, daß er den Weg zu seinem freien Willen vollständig verloren hat, ihn nicht mehr zu finden weiß.

Der Eingang des Pfades zu dem Verständnis ist durch aufgetürmten Flugsand nicht mehr erkennbar. Die Spuren sind verweht. Der Mensch läuft unschlüssig im Kreise, sich dabei ermüdend, bis ein frischer Wind die Wege endlich wieder freilegt. Daß dabei erst der ganze Flugsand aufgescheucht in tollem Wirbel durcheinanderfegen wird und noch im Vergehen viele Augen trüben kann, die hungernd nach der Wegesöffnung weitersuchen, ist natürlich, selbstverständlich. Aus diesem Grunde muß ein jeder größte Vorsicht üben, um seinen Blick frei zu halten, bis auch das letzte Stäubchen dieses Flugsandes verflogen ist. Sonst kann es geschehen, daß er den Weg wohl sieht, und doch leicht getrübt mit einem Fuß zur Seite tritt, strauchelt und stürzt, um noch, den Weg schon vor sich, zu versinken. —

Das Unverständnis, das dem wirklichen Bestehen eines freien Willens von den Menschen hartnäckig immer wieder entgegengebracht wird, wurzelt hauptsächlich in dem Nichtverstehen dessen, was eigentlich der freie Wille ist.

Die Erklärung liegt zwar in der Bezeichnung schon selbst, aber, wie überall, so sieht man auch hier das wirklich Einfache vor lauter Einfachheit nicht, sondern sucht an falscher Stelle, und kommt dadurch auch nicht in die Lage, sich den freien Willen vorzustellen.

Unter Willen versteht die größte Zahl der Menschen heute jene gewaltsame Einstellung des irdischen Gehirnes, wenn der an Raum und Zeit gebundene Verstand für das Denken und Fühlen irgendeine bestimmte Richtung angibt und festlegt.

Das ist aber nicht der freie Wille, sondern der durch irdischen Verstand gebundene Wille!

Diese von vielen Menschen angewendete Verwechslung bringt großen Irrtum, baut die Mauer, welche ein Erkennen und Erfassen unmöglich macht. Der Mensch wundert sich dann, wenn er dabei Lücken findet, auf Widersprüche stößt und keinerlei Logik hineinzubringen vermag.

Der freie Wille, der allein so einschneidend in das eigentliche Leben wirkt, daß er weit hinausreicht in die jenseitige Welt, der Seele seinen Stempel aufdrückt, sie zu formen fähig ist, ist von ganz anderer Art. Viel größer, um so irdisch zu sein. Er steht deshalb auch in keinerlei Verbindung mit dem irdisch-grobstofflichen Körper, also auch nicht mit dem Gehirn. Er ruht lediglich im Geiste selbst, in der Seele des Menschen.

Würde der Mensch nicht immer wieder dem Verstande die unbeschränkte Oberherrschaft einräumen, so könnte der weiterschauende freie Wille seines geistigen, eigentlichen „Ichs“ dem Verstandesgehirne die Richtung vorschreiben, aus der feinen Empfindung heraus. Dadurch müßte der gebundene Wille dann, der unbedingt zur Ausführung aller irdischen, an Raum und Zeit gebundenen Zwecke notwendig ist, sehr oft einen anderen Weg einschlagen, als es jetzt der Fall ist. Daß damit auch das Schicksal eine andere Richtung nimmt, ist leicht erklärlich, weil das Karma durch die anders eingeschlagenen Wege auch andere Fäden zieht und eine andere Wechselwirkung bringt.

Diese Erklärung kann selbstverständlich noch kein rechtes Verständnis für den freien Willen bringen. Soll ein ganzes Bild davon gezeichnet werden, so muß man wissen, wie sich der freie Wille bereits betätigt hat. Auch in welcher Weise die oft so vielseitige Verstrickung eines schon bestehenden Karmas erfolgte, das fähig ist, in seinen Auswirkungen den freien Willen so zu verdecken, daß dessen Bestehen kaum noch oder überhaupt nicht mehr erkannt zu werden vermag.

Eine derartige Erklärung aber läßt sich wiederum nur dann abgeben, wenn auf das ganze Werden des geistigen Menschen zurückgegriffen wird, um von dem Augenblicke auszugehen, in dem das Geist-Samenkorn des Menschen sich erstmalig in die feinstoffliche Hülle senkt, den äußersten Rand der Stofflichkeit. —

Dann sehen wir, daß der Mensch durchaus nicht das ist, was er sich einbildet zu sein. Er hat nimmermehr das unbedingte Anrecht an die Seligkeit und an ein ewiges persönliches Fortleben in seiner Tasche *(Vortrag Nr. 20: Das jüngste Gericht). Der Ausdruck: „Wir sind alle Gottes Kinder“ ist in dem von den Menschen aufgefaßten oder gedachten Sinne falsch! Es ist nicht jeder Mensch ein Kind Gottes, sondern nur dann, wenn er sich dazu entwickelt hat.

Der Mensch wird als ein Geistkeim in die Schöpfung gesenkt. Dieser Keim trägt alles in sich, um sich zu einem persönlich bewußten Kinde Gottes entwickeln zu können. Dabei ist aber vorausgesetzt, daß er die entsprechenden Fähigkeiten dazu öffnet und pflegt, sie aber nicht verkümmern läßt.

Groß und gewaltig ist der Vorgang, und doch ganz natürlich in jeder Stufe des Geschehens. Nichts steht dabei außerhalb eines logischen Werdeganges; denn Logik ist in allem göttlichen Wirken, da dies vollkommen ist und alles Vollkommene der Logik nicht entbehren darf. Jeder dieser Keime des Geistes trägt gleiche Fähigkeiten in sich, da sie ja von einem Geiste stammen, und jede dieser einzelnen Fähigkeiten birgt eine Verheißung, deren Erfüllung unbedingt erfolgt, sobald die Fähigkeit zur Entwicklung gebracht wird. Aber auch nur dann! Das ist der Ausblick eines jeden Keimes bei der Saat. Und doch...!

Es ging ein Säemann aus, zu säen: Dort, wo das Göttliche, Ewige über der Schöpfung schwebt, und wo das Feinstofflichste der Schöpfung an das Wesenhafte reicht, ist die Fläche der Aussaat der menschlichen Geistkeime. Fünkchen gehen von dem Wesenhaften über die Grenze und versenken sich in den jungfräulichen Boden des feinstofflichen Teiles der Schöpfung, wie bei den elektrischen Entladungen eines Gewitters. Es ist, als ob die schaffende Hand des Heiligen Geistes Samenkörner ausstreut in das Stoffliche.

Während sich die Saat entwickelt und langsam der Ernte zureift, gehen viele Körner verloren. Sie gehen nicht auf, das heißt, sie haben ihre höheren Fähigkeiten nicht entwickelt, sondern sind verfault oder verdorrt und müssen sich im Stofflichen verlieren. Die aber aufgegangen sind und über die Fläche emporstreben, werden bei der Ernte streng gesichtet, die tauben Ähren von den vollen Ähren geschieden. Nach der Ernte wird dann nochmals sorgfältig die Spreu von dem Weizen getrennt.

So ist das Bild des Werdeganges im großen. Um nun den freien Willen zu erkennen, müssen wir den eigentlichen Werdegang des Menschen eingehender verfolgen:

Als Oberstes, als Reinstes ist in seinem Glanze das Ewige, Göttliche, der Ausgangspunkt von allem, der Anfang und das Ende, umgeben von dem lichten Wesenhaften.

Wenn nun Funken aus dem Wesenhaften überspringen in den Boden des feinstofflichen Ausläufers der stofflichen Schöpfung, so schließt sich um diesen Funken sofort eine gasige Hülle von der gleichen Stoffart dieser zartesten Region des Stofflichen. Damit ist der Geisteskeim des Menschen eingetreten in die Schöpfung, die wie alles Stoffliche der Veränderung und dem Zergehen unterworfen ist. Er ist noch karmafrei und wartet der Dinge, die da kommen sollen.

Bis in diese äußersten Ausläufer hinein reichen nun die Schwingungen der starken Erlebnisse, die inmitten der Schöpfung in all dem Werden und Vergehen ununterbrochen vor sich gehen.

Wenn es auch nur die zartesten Andeutungen sind, die diese gasige Feinstofflichkeit wie ein Hauch durchziehen, so genügen sie doch, das empfindsame Wollen in dem Geisteskeime zu wecken und aufmerksam zu machen. Er verlangt, von dieser oder jener Schwingung zu „naschen“, ihr nachzugehen, oder, wenn man es anders ausdrücken will, sich von dieser mitziehen zu lassen, das einem sich anziehen lassen gleichkommt. Darin liegt die erste Entscheidung des vielseitig veranlagten Geisteskeimes, der nun je nach seiner Wahl hier oder dorthin gezogen wird. Dabei knüpfen sich auch schon die ersten zartesten Fäden zu dem Gewebe, das für ihn später sein Lebensteppich werden soll.

Nun kann aber der sich schnell entwickelnde Keim jeden Augenblick benutzen, sich den seinen Weg dauernd und vielfältig kreuzenden andersartigen Schwingungen hinzugeben. Sobald er dies vornimmt, also wünscht, wird er damit seine Richtung ändern und der neuerwählten Art nachgehen, oder, anders ausgedrückt, sich von dieser ziehen lassen.

Durch seinen Wunsch vermag er wie ein Steuer den Kurs zu ändern in den Strömungen, sobald ihm die eine nicht mehr behagt. So vermag er hier und da zu „kosten“.

Bei diesem Kosten reift er mehr und mehr, erhält langsam Unterscheidungsvermögen und zuletzt Urteilsfähigkeit, bis er schließlich immer bewußter und sicherer werdend einer bestimmteren Richtung folgt. Seine Wahl der Schwingungen, denen er zu folgen gewillt ist, bleibt dabei nicht ohne tiefere Wirkung auf ihn selbst. Es ist nur eine ganz natürliche Folgerichtigkeit, daß diese Schwingungen, in denen er durch sein freies Wollen sozusagen schwimmt, in der Wechselwirkung den Geisteskeim ihrer Art entsprechend beeinflussen.

Der Geisteskeim selbst hat aber nur edle und reine Fähigkeiten in sich! Das ist das Pfund, mit dem er in der Schöpfung „wuchern“ soll. Gibt er sich edlen Schwingungen hin, so werden diese in der Wechselwirkung die im Keime ruhenden Fähigkeiten munter machen, sie aufrütteln, stärken und großziehen, so daß diese mit der Zeit reichlich Zinsen tragen und großen Segen in die Schöpfung verbreiten. Ein derartig heranwachsender Geistesmensch wird damit zu einem guten Haushalter.

Entschließt er sich aber vorwiegend zu unedlen Schwingungen, so können ihn diese mit der Zeit so stark beeinflussen, daß ihm deren Art anhaften bleibt und die eigenen reinen Fähigkeiten des Geisteskeimes umhüllen, sie überwuchern und nicht zum eigentlichen Erwachen und Aufblühen kommen lassen. Diese müssen zuletzt als regelrecht „vergraben“ gelten, wodurch der betreffende Mensch zu einem schlechten Haushalter über das ihm anvertraute Pfund wird.

Ein Geisteskeim vermag also nicht von sich aus unrein zu sein, da er vom Reinen kommt und nur Reinheit in sich trägt. Aber er kann nach seiner Versenkung in die Stofflichkeit seine dann ebenfalls stoffliche Hülle durch „Kosten“ unreiner Schwingungen nach eigenem Wollen, also durch Versuchungen, beschmutzen, kann sich sogar damit seelisch das Unreine durch starke Überwucherungen des Edlen äußerlich zu eigen schaffen, wodurch er also unreine Eigenschaften erhält, zum Unterschiede von den mitgebrachten, ererbten Fähigkeiten des Geistes. Die Seele ist nur die feinstofflichste, gasige Hülle des Geistes, und nur in der stofflichen Schöpfung bestehend. Nach einer etwaigen Rückkehr in das höher liegende Reingeistig-Wesenhafte ist die Seele abgestreift und nur noch der Geist vorhanden, der anders gar nicht über die Grenze der stofflichen Schöpfung eingehen könnte in das Geistige. Sein Wiedereingehen, seine Rückkehr geschieht allerdings dann in lebendiger, bewußter Form, während dies der ausgehende Funke im Anfang noch nicht war.

Jede Schuld und alles Karma ist nur stofflich! Nur innerhalb der stofflichen Schöpfung, nicht anders! Kann auch nicht auf den Geist übergehen, sondern ihm nur anhängen. Deshalb ist ein Reinwaschen von aller Schuld möglich.

Diese Erkenntnis wirft nichts um, sondern bestätigt nur alles, was Religion und Kirche bildlich sagen. Vor allem erkennen wir immer mehr und mehr die große Wahrheit, die Christus der Menschheit brachte.

Es ist auch selbstverständlich, daß ein Geistkeim, der sich im Stofflichen durch Unreines beschwert, mit dieser Bürde nicht wieder zurück in das Geistige kann, sondern solange im Stofflichen bleiben muß, bis er diese Last abgestreift hat, sich davon lösen konnte. Dabei wird er naturgemäß immer in dem Gebiete bleiben müssen, in das ihn das Gewicht seiner Belastung zwingt, wozu die mehr oder weniger große Unreinheit ausschlaggebend ist. Gelingt es ihm nicht, die Last bis zum Tage des Gerichtes loszuwerden und abzuwerfen, so vermag er trotz der immer gebliebenen Reinheit des Geisteskeimes, der sich allerdings durch die Überwucherung des Unreinen nicht seinen eigentlichen Fähigkeiten entsprechend entfalten konnte, nicht emporzuschweben. Das Unreine hält ihn durch seine Schwere zurück und zieht ihn mit in die Zersetzung alles Stofflichen *(Vortrag Nr. 20: Das jüngste Gericht).

Je bewußter nun ein Geisteskeim in seiner Entwicklung wird, desto mehr nimmt seine äußere Hülle die Gestalt der inneren Eigenart an. Entweder nach dem Edlen hinstrebend oder nach dem Unedlen, also schön oder unschön.

Jede Schwenkung, die er macht, bildet einen Knoten in den Fäden, die er hinter sich herzieht, die bei vielen Irrwegen, bei vielem Hin und Her in zahlreichen Maschen wie zu einem Netze werden können, in das er sich verstrickt, wodurch er entweder darin untergeht, weil es ihn festhält, oder sich gewaltsam herausreißen muß. Die Schwingungen, denen er sich naschend oder genießend auf seinen Fahrten hingab, bleiben mit ihm verbunden und ziehen wie Fäden hinter ihm her, senden ihm aber dadurch auch ihre Schwingungsarten dauernd nach. Behält er nun eine gleiche Richtung lange Zeit inne, so können die weiter zurückliegenden Fäden wie die näheren in unverminderter Stärke wirken. Ändert er aber seinen Kurs, so werden durch die Kreuzung die zurückliegenden Schwingungen nach und nach schwächer beeinflussend, da sie erst durch einen Knoten gehen müssen, der hemmend auf sie wirkt, weil die Knüpfung schon eine Verbindung und Verschmelzung mit der neuen, andersartigen Richtung gibt. Die dann folgende neue Richtung ist in ihrer anderen Art auf die bisherige weiterhin zersetzend und auflösend, wenn sie nicht einer der ersten ähnlichen Gattung angehört. So geht es fort und fort. Die Fäden werden mit dem Wachsen des Geistkeimes dichter und stärker, bilden das Karma, dessen Nachwirkung zuletzt so viel Macht gewinnen kann, daß es dem Geiste diesen oder jenen „Hang“ beigesellt, der schließlich dessen freie Entschlüsse zu beeinträchtigen fähig ist und diesen eine schon vorher abzuschätzende Richtung gibt. Damit ist der freie Wille dann verdunkelt, kann sich nicht mehr als solcher betätigen.

Von Beginn an ist der freie Wille also vorhanden, nur ist so mancher Wille später derart belastet, daß er in schon erwähnter Weise stark beeinflußt wird, also kein freier Wille mehr sein kann.

Der sich in dieser Weise nun mehr und mehr entwickelnde Keim des Geistes muß der Erde dabei immer näherkommen, da von dieser die Schwingungen am stärksten ausgehen und er immer bewußter steuernd diesen folgt, oder besser gesagt, sich von ihnen „anziehen“ läßt, um die nach seiner Neigung gewählten Arten immer stärker auskosten zu können. Er will vom Naschen zu dem wirklichen „Schmecken“ übergehen, und zu dem „Genießen“.

Die Schwingungen von der Erde aus sind deshalb so stark, weil hier ein neues, sehr verstärkendes Etwas dazu kommt: Die grobstofflich-körperliche Sexualkraft! *(Vortrag Nr. 62: Die Sexualkraft in ihrer Bedeutung zum geistigen Aufstieg)

Diese hat die Aufgabe und die Fähigkeit, das ganze geistige Empfinden zu „durchglühen“. Der Geist erhält dadurch erst die rechte Verbindung mit der stofflichen Schöpfung und kann deshalb auch erst dann mit voller Kraft tätig darin sein. Dann umfaßt er alles, was notwendig ist, um sich in der Stofflichkeit volle Geltung zu verschaffen, um darin in jeder Beziehung festzustehen, durchdringend und zwingend wirken zu können, gegen alles gewappnet zu sein und auch gegen alles Schutz zu haben.

Deshalb die ungeheueren Kraftwellen, die von dem Erleben ausgehen, das durch die Menschen auf der Erde erfolgt. Sie reichen allerdings immer nur so weit, als die stoffliche Schöpfung geht, aber in dieser bis zu den zartesten Ausläufern schwingend.

Ein Mensch auf Erden, der geistig hoch und edel wäre und der deshalb mit hoher, geistiger Liebe zu seinen Mitmenschen käme, würde diesen fremd bleiben, innerlich nicht nahekommen können, sobald seine Sexualkraft ausgeschaltet wäre. Es würde dadurch zum Verstehen und seelischen Nachempfinden eine Brücke fehlen, demnach eine Kluft sein.

In dem Augenblicke aber, wo diese geistige Liebe in reine Verbindung mit der Sexualkraft tritt und von dieser durchglüht wird, bekommt die Ausströmung für alle Stofflichkeit ein ganz anderes Leben, sie wird darin irdisch wirklicher und vermag dadurch auf die Erdenmenschen und auf die ganze Stofflichkeit voll und verständlich zu wirken. So erst wird sie von dieser aufgenommen und nachempfunden, und kann den Segen in die Schöpfung tragen, den der Geist des Menschen bringen soll.

Es liegt etwas Gewaltiges in der Verbindung. Das ist auch der eigentliche Zweck, wenigstens der Hauptzweck dieses so vielen rätselhaften und unermeßlichen Naturtriebes, damit er das Geistige sich in der Stofflichkeit zu voller Wirkungskraft entfalten läßt! Ohne dem würde es der Stofflichkeit zu fremd bleiben, um sich richtig auswirken zu können. Der Zeugungszweck kommt erst in zweiter Linie. Die Hauptsache ist der durch diese Verbindung in einem Menschen erfolgende Aufschwung. Damit erhält der Menschengeist auch seine Vollkraft, seine Wärme und Lebendigkeit, er wird sozusagen mit diesem Vorgang fertig. Deshalb setzt hier aber auch nun erst seine volle Verantwortlichkeit ein!

Die weise Gerechtigkeit Gottes gibt dem Menschen an diesem bedeutenden Wendepunkte aber auch gleichzeitig nicht nur die Möglichkeit, sondern sogar den natürlichen Antrieb dazu, alles Karma, mit dem er bis dahin seinen freien Willen belastet hat, leicht abzuschütteln. Dadurch vermag der Mensch den Willen wieder vollkommen freizumachen, um dann bewußt machtvoll in der Schöpfung stehend ein Kind Gottes zu werden, in seinem Sinne zu wirken und in reinen, erhabenen Empfindungen emporzusteigen zu den Höhen, wohin es ihn dadurch später zieht, sobald er seinen grobstofflichen Körper abgelegt hat.

Wenn es der Mensch nicht tut, so ist es seine Schuld; denn mit Eintritt der Sexualkraft regt sich in ihm in erster Linie eine gewaltige Schwungkraft nach oben zum Idealen, Schönen und Reinen. Bei unverdorbener Jugend beiderlei Geschlechts wird das immer deutlich zu beobachten sein. Daher die von Erwachsenen leider oft nur belächelten Schwärmereien der Jugendjahre, nicht zu verwechseln mit den Kinderjahren. Deshalb auch in diesen Jahren die unerklärlichen leicht schwermütigen, ernst angehauchten Empfindungen. Die Stunden, in denen es scheint, als ob ein Jüngling oder eine Jungfrau den ganzen Weltschmerz zu tragen hätte, wo Ahnungen eines tiefen Ernstes an sie herantreten, sind nicht unbegründet. Auch das so häufig vorkommende Sich-nicht-verstanden-fühlen trägt in Wirklichkeit viel Wahres in sich. Es ist das zeitweise Erkennen der falschen Gestaltung der Umwelt, die den geheiligten Ansatz zu einem reinen Höhenfluge nicht verstehen will noch kann, und erst zufrieden ist, wenn diese so stark mahnende Empfindung in den reifenden Seelen herabgezerrt wird in das ihnen verständlichere „realere“ und nüchterne, das sie als der Menschheit besser angepaßt erachten und in ihrem einseitigen Verstandessinne für das einzig Normale halten.

Trotzdem aber gibt es zahllose verknöcherte Materialisten, die in dem gleichen Zeitabschnitt ihres Seins als ernste Mahnung ebenso empfunden haben und sogar hier und da einmal gern von der ersten Liebe goldenen Zeit mit einem leichten Anfluge von einer gewissen Empfindsamkeit sprechen, sogar einer Wehmut, die unbewußt einen gewissen Schmerz ausdrückt über etwas Verlorenes, das nicht näher zu bezeichnen geht. Und sie haben darin alle recht! Das Kostbarste wurde ihnen genommen, oder sie haben es leichtsinnig selbst weggeworfen, wenn sie im grauen Alltag der Arbeit oder unter dem Gespött sogenannter „Freunde“ und „Freundinnen“, oder durch schlechte Bücher und Beispiele das Kleinod scheu vergruben, dessen Glanz trotzdem während ihres weiteren Lebens hier und da einmal wieder hervorbricht und dabei das unbefriedigte Herz einen Augenblick höher schlagen läßt in unerklärlichem Schauer einer rätselhaften Traurigkeit und Sehnsucht.

Wenn diese Empfindungen auch stets wieder schnell zurückgedrängt und in herber Selbstverhöhnung verlacht werden, so zeugen sie doch von dem Vorhandensein dieses Schatzes, und es sind glücklicherweise wenige, die behaupten können, derartige Empfindungen nie gehabt zu haben. Solche würden auch nur zu beklagen sein; denn sie haben nie gelebt.

Aber selbst solche Verdorbene, oder sagen wir Bedauernswerte, empfinden dann eine Sehnsucht, wenn ihnen Gelegenheit wird, mit einem Menschen zusammenzutreffen, der diese Schwungkraft in richtiger Einstellung nutzt, der also dadurch rein wurde und schon auf Erden innerlich hochsteht. Die Auswirkung einer derartigen Sehnsucht bei solchen Menschen ist aber in den meisten Fällen zuerst die ungewollte Erkenntnis der eigenen Niedrigkeit und Versäumnis, die dann in Haß übergeht, der sich bis zu blinder Wut zu steigern vermag. Nicht selten kommt es auch vor, daß ein auffallend seelisch schon hochstehender Mensch den Haß ganzer Massen auf sich zieht, ohne selbst wirklich einen äußerlich erkennbaren Grund dazu gegeben zu haben. Solche Massen wissen dann weiter nichts als: „Kreuziget, kreuziget ihn!“ zu schreien. Aus diesem Grunde die große Reihe Märtyrer, die die Menschheitsgeschichte zu verzeichnen hat.

Die Ursache ist der wilde Schmerz darüber, etwas Kostbares bei anderen zu sehen, das ihnen selbst verlorenging. Ein Schmerz, den sie nur als Haß erkennen. Bei Menschen mit mehr innerer Wärme, die nur durch schlechte Beispiele niedergehalten oder in den Schmutz gezogen wurden, löst sich bei Begegnung mit einem innerlich hochstehenden Menschen die Sehnsucht des selbst nicht Erreichten auch oft in grenzenloser Liebe und Verehrung aus. Wohin ein solcher Mensch auch kommen mag, es gibt immer nur ein Für oder ein Wider um ihn. Gleichgültigkeit vermag nicht standzuhalten.

Der geheimnisvoll ausstrahlende Reiz einer unverdorbenen Jungfrau oder eines unverdorbenen Jünglings ist nichts anderes als der von seiner Umgebung durch die starken Schwingungen mit empfundene reine Auftrieb der erwachenden Sexualkraft in Vermählung mit der Geisteskraft nach Höherem, Edelsten! Sorgsam hat der Schöpfer darauf Bedacht gelegt, daß dies bei den Menschen erst in ein Alter fällt, wo dieser sich seines Wollens und Handelns voll bewußt sein kann. Dann ist der Zeitpunkt da, an dem er alles Zurückliegende in Verbindung mit der nun in ihm liegenden Vollkraft spielend abzuschütteln vermag und abschütteln sollte. Es würde sogar von selbst abfallen, wenn der Mensch das Wollen zu dem Guten beibehält, wozu es ihn unaufhörlich drängt in dieser Zeit. Dann könnte er, wie die Empfindungen ganz richtig andeuten, mühelos emporsteigen zu der Stufe, auf die er als Mensch gehört! Sehet das Verträumtsein der unverdorbenen Jugend! Es ist nichts anderes als das Empfinden des Auftriebes, das Losreißenwollen von allem Schmutz, die heiße Sehnsucht nach Idealem. Die treibende Unruhe aber ist das Zeichen, die Zeit nicht zu versäumen, sondern energisch das Karma abzuschütteln und mit dem Emporsteigen des Geistes einzusetzen.

Deshalb die große Bedeutung, der große Wendepunkt, der die Erde für den Menschen ist!

Es ist etwas Herrliches, in dieser geschlossenen Kraft zu stehen und darin und damit zu wirken! Solange die Richtung eine gute ist, die der Mensch erwählt hat. Es gibt aber auch nichts Erbärmlicheres, als diese Kräfte einseitig zu vergeuden in blindem Sinnestaumel, und seinen Geist damit zu lähmen, einen großen Teil des Antriebes zu nehmen, den er so dringend braucht, um emporzukommen.

Und doch versäumt der Mensch in den meisten Fällen diese so kostbare Übergangszeit, läßt sich von „wissender“ Umgebung auf falsche Wege lenken, die ihn niederhalten und leider nur zu oft sogar abwärts führen. Dadurch vermag er die ihm anhängenden trübenden Schwingungen nicht abzuwerfen, die im Gegenteil nur neue Kräftezufuhr erhalten, und wird so seinen freien Willen mehr und mehr einspinnen, bis er ihn nicht mehr zu erkennen vermag.

So bei der ersten Inkarnierung auf der Erde. Bei weiteren notwendig werdenden Inkarnierungen bringt der Mensch ein viel stärkeres Karma mit. Die Möglichkeit des Abschüttelns setzt aber trotzdem jedesmal wieder ein und kein Karma könnte stärker sein als der in die Vollkraft kommende Geist des Menschen, sobald er durch die Sexualkraft die lückenlose Verbindung mit der Stofflichkeit erhält, zu der das Karma ja gehört.

Doch hat der Mensch diese Zeiten zur Abstreifung seines Karmas und der damit verbundenen Wiedererlangung seines freien Willens versäumt, hat er sich weiter verstrickt, ist er vielleicht sogar tief gesunken, so bietet sich ihm trotzdem auch weiterhin ein mächtiger Bundesgenosse zur Bekämpfung des Karmas und zum Aufstiege. Der größte Sieger, den es gibt, der alles zu überwinden fähig ist. Des Schöpfers Weisheit brachte es in der Stofflichkeit mit sich, daß die angegebenen Zeiten nicht die einzigen sind, in denen der Mensch die Möglichkeit zu schneller Hilfe finden kann, in denen er sich selbst und seinen eigentlichen Wert zu finden vermag, sogar einen außergewöhnlichen starken Antrieb dazu erhält, damit er aufmerksam darauf wird.

Diese Zaubermacht, die jedem Menschen während seines ganzen Erdenseins in steter Hilfsbereitschaft zur Verfügung steht, die aber auch aus derselben Verbindung der Sexualkraft mit der Geisteskraft hervorgeht und das Abstoßen des Karmas herbeiführen kann, ist die Liebe! Nicht die begehrende Liebe des Grobstofflichen, sondern die hohe, reine Liebe, die nichts anderes kennt und will als das Wohl des geliebten Menschen, die nie an sich selbst denkt. Sie gehört auch in die stoffliche Schöpfung und fordert kein Entsagen, kein Büßertum, aber sie will immer nur das Beste für den anderen, bangt um ihn, leidet mit ihm, teilt aber mit ihm auch die Freude.

Als Grundlage hat sie die ähnlichen ideal-sehnsüchtigen Empfindungen der unverdorbenen Jugend bei dem Eintreten der Sexualkraft, aber sie peitscht den verantwortlichen, also reifen Menschen auch zur Vollkraft seines ganzen Könnens auf bis zum Heldentum, so daß die Schaffens- und Streitkraft zu größter Stärke angespannt wird. Hierbei ist dem Alter keine Grenze gesetzt! Sobald ein Mensch der reinen Liebe Raum gewährt, sei es nun die des Mannes zum Weib oder umgekehrt, oder die zu einem Freunde oder einer Freundin, oder zu den Eltern, zu dem Kinde, gleichviel, ist sie nur rein, so bringt sie als erste Gabe die Gelegenheit zum Abstoßen alles Karmas, das sich dann nur noch rein „symbolisch“ auslöst *(Vortrag Nr. 37: Symbolik im Menschenschicksal), zum Aufblühen des freien und bewußten Willens, der nur nach oben gerichtet sein kann. Als natürliche Folgerung beginnt dann der Aufstieg, die Erlösung von den unwürdigen Ketten, die ihn niederhalten.

Die erste sich regende Empfindung bei erwachender reiner Liebe ist das sich Unwertdünken dem geliebten anderen gegenüber. Mit anderen Worten kann man diesen Vorgang mit eintretender Bescheidenheit und Demut bezeichnen, also den Empfang zweier großen Tugenden. Dann schließt sich daran der Drang, schützend die Hand über den anderen halten zu wollen, damit ihm von keiner Seite ein Leid geschähe, sondern sein Weg über blumige, sonnige Pfade führt. Das „Auf-den-Händen-tragen-wollen“ ist kein leerer Spruch, sondern kennzeichnet die aufsteigende Empfindung ganz richtig. Darin aber liegt ein Aufgeben der eigenen Persönlichkeit, ein großes Dienenwollen, das allein genügen könnte, alles Karma in kurzer Zeit abzuwerfen, sobald das Wollen anhält und nicht etwa rein sinnlichen Trieben Platz macht. Zuletzt kommt bei der reinen Liebe noch der heiße Wunsch, recht Großes für den geliebten anderen in edlem Sinne tun zu können, ihn mit keiner Miene, keinem Gedanken, keinem Worte, noch viel weniger mit einer unschönen Handlung zu verletzen oder zu kränken. Zarteste Rücksichtnahme wird lebendig.

Dann gilt es, diese reinen Empfindungen festzuhalten und allem anderen obenan zu setzen. Niemals wird jemand dann etwas Schlechtes wollen oder tun. Er vermag es einfach nicht sondern hat im Gegenteil darin den besten Schutz, die größte Kraft, den wohlmeinendsten Berater und Helfer.

Deshalb weist auch Christus immer wieder auf die Allgewalt der Liebe hin! Nur diese überwindet alles, vermag alles. Aber immer nur vorausgesetzt, daß es nicht die nur irdisch begehrende Liebe ist, die die Eifersucht und ihr verwandte Laster in sich trägt.

Der Schöpfer hat in seiner Weisheit damit einen Rettungsring in die Schöpfung geworfen, der nicht nur einmal im Erdenleben an jeden Menschen anstößt, daß er sich daran halte und emporschwinge!

Es ist diese Hilfe für alle da. Sie macht keinen Unterschied, weder im Alter noch im Geschlecht, weder bei arm noch reich, nicht bei vornehm oder gering. Deshalb ist die Liebe auch das größte Geschenk Gottes. Wer es erfaßt, der ist der Rettung aus jeder Not und jeder Tiefe sicher! Er macht sich frei, erhält damit am schnellsten und am leichtesten einen ungetrübten, freien Willen wieder, der ihn nach oben führt.

Und wenn er in einer Tiefe läge, die ihn zur Verzweiflung bringen muß, die Liebe ist fähig, ihn mit Sturmesgewalt emporzureißen zu dem Licht, zu Gott, der selbst die Liebe ist. Sobald in einem Menschen durch irgendeinen Anstoß die reine Liebe rege wird, hat er auch die unmittelbarste Verbindung mit Gott, dem Urquell aller Liebe, und somit auch die stärkste Hilfe. Wenn aber ein Mensch alles besäße, und hätte der Liebe nicht, so wäre er doch nur ein tönend Erz oder eine klingende Schelle, also ohne Wärme, ohne Leben... nichts!

Findet er jedoch zu irgendeinem seiner Nächsten die wahre Liebe, die nur darnach strebt, dem anderen geliebten Menschen Licht und Freude zu bringen, ihn nicht durch unsinniges Begehren herabzuzerren, sondern schützend emporzuheben, so dient er ihm, ohne sich dabei des eigentlichen Dienens bewußt zu werden, da er sich dadurch mehr zu einem selbstlosen Geber und Schenker macht. Und dieses Dienen ringt ihn frei!

Viele werden sich hier sagen: Genau so mache ich es ja, oder strebe es wenigstens schon an! Unter Aufbietung aller Mittel suche ich meiner Frau oder Familie das Erdenleben leicht zu machen, ihnen Genüsse zu bieten, indem ich mich bemühe, so viele Mittel zu beschaffen, daß sie sich ein bequemes, angenehmes Leben leisten können und sorgenfrei sind. Tausende werden an ihre Brust schlagen, sich gehoben fühlen und sich für wer weiß wie gut und edel halten. Sie irren! Das ist die lebendige Liebe nicht! Diese ist nicht so einseitig irdisch, sondern drängt gleichzeitig viel stärker nach Höherem, Edlerem, Idealem. Gewiß, niemand darf ungestraft, also ohne Nachteil, die irdischen Notwendigkeiten vergessen, soll sie nicht außer acht lassen, aber diese dürfen nicht zur Hauptsache des Denkens und Handelns werden. Darüber schwebt groß und stark das für viele so geheimnisvolle Wünschen, das wirklich vor sich selbst sein zu können, was sie vor denen gelten, von denen sie geliebt werden. Und dieses Wünschen ist der rechte Weg! Er führt immer nur aufwärts.

Die wahre, reine Liebe braucht nicht erst noch näher erklärt zu werden. Ein jeder Mensch fühlt ganz genau, wie sie beschaffen ist. Er sucht sich oft nur selbst darüber wegzutäuschen, wenn er seine Fehler dabei sieht und klar empfindet, wie weit entfernt er eigentlich noch davon ist, wahr rein zu lieben. Aber er muß sich dann zusammenraffen, darf nicht zögernd halten und schließlich zum Versagen kommen; denn es gibt für ihn keinen freien Willen mehr ohne wahre Liebe!

Wie viele Gelegenheiten sind dem Menschen also geboten, sich aufzuraffen und emporzuschwingen, ohne daß sie es benützen. Ihr Klagen und Suchen ist deshalb bei der Mehrzahl nicht echt! Sie wollen gar nicht, sobald sie selbst etwas dazu beitragen sollen, sei es auch nur eine kleine Umstellung ihrer Gewohnheiten und Anschauungen. Es ist zum großen Teile Lüge, Selbstbetrug! Gott soll zu ihnen kommen und sie zu sich emporheben, ohne daß sie eine liebe Bequemlichkeit und ihre Selbstanbetung aufzugeben brauchen. Dann würden sie sich ebenfalls herbeilassen, mitzugehen, nicht aber, ohne dafür von Gott noch einen besonderen Dank zu erwarten.

Laßt diese Drohnen ihre Wege zum Verderben gehen! Sie sind es nicht wert, daß sich jemand Mühe um sie gibt. Sie werden immer wieder an sich bietenden Gelegenheiten klagend und betend vorübergehen. Sollte ein solcher Mensch sie aber doch einmal ergreifen, so würde er sie sicherlich ihres edelsten Schmuckes der Reinheit und Selbstlosigkeit berauben, um dieses kostbarste Gut in den Kot der Leidenschaften herabzuzerren.

Suchende und Wissende sollen sich endlich dazu aufraffen, einen Umweg um diese Menschen zu machen! Sie sollen nicht denken, daß sie ein Gott wohlgefälliges Werk damit tun, wenn sie sein Wort und seinen heiligen Willen stets so wohlfeil herumtragen und durch versuchte Belehrungen anbieten, daß es fast den Anschein erweckt, als müßte der Schöpfer durch seine Gläubigen betteln gehen, um den Kreis der Anhänger zu erweitern. Es ist eine Beschmutzung, wenn es solchen geboten wird, die mit schmutzigen Händen darnach greifen. Das Wort darf nicht vergessen werden, welches verbietet, „Perlen vor die Säue zu werfen“.

Und etwas anderes ist es in solchen Fällen nicht. Unnötige Vergeudung von Zeit, die in solchem Maße nicht mehr verschwendet werden darf, ohne zuletzt rückwirkend schädlich zu werden. Den Suchenden nur soll geholfen sein.

Die überall auftauchende Unruhe in vielen Menschen, das Forschen und Suchen nach dem Verbleib des freien Willens ist vollkommen berechtigt und ein Zeichen, daß es hohe Zeit dazu wird. Verstärkt ist es durch unbewußtes Ahnen eines einmal möglich werdenden Zuspätseins dazu. Das erhält das Suchen jetzt dauernd lebendig. Doch ist es zum großen Teile vergebens. Die meisten Menschen von heute vermögen den freien Willen nicht mehr zu betätigen, weil sie sich zu tief verstrickt haben!

Sie verkauften und verschacherten ihn... für nichts!

Dafür können sie aber nun nicht Gott verantwortlich machen, wie es so vielfach durch alle möglichen Deutungen immer wieder versucht wird, um sich selbst den Gedanken an eine eigene auf sie wartende Verantwortung auszureden, sondern sie müssen sich selbst anklagen. Und wenn diese Selbstanklage auch von der herbsten Bitterkeit, von dem ärgsten Schmerze durchtränkt wäre, so könnte sie doch nicht heftig genug sein, um auch nur einigermaßen ein Gegengewicht zu geben für den Wert des verlorenen Gutes, das sinnlos unterdrückt oder verschwendet wurde.

Aber trotzdem kann der Mensch den Weg zur Wiedergewinnung noch finden, sobald er sich ernstlich darum bemüht. Allerdings immer nur dann, wenn er es aus tiefstem Innern heraus wünscht. Wenn dieser Wunsch wirklich in ihm lebt und nie ermattet. Er muß das sehnlichste Verlangen darnach tragen. Und müßte er sein ganzes Erdendasein daran setzen, er könnte nur dabei gewinnen; denn ernst und notwendig genug ist die Wiedererlangung des freien Willens für den Menschen! Wir können an Stelle der Wiedererlangung auch Ausgrabung sagen, oder Freiwaschung. Es ist an sich genau dasselbe.

Solange der Mensch aber nur daran denkt und darüber grübelt, wird er nichts erreichen. Die größte Anstrengung und Ausdauer muß dabei versagen, weil er mit Denken und Grübeln nie über die Grenze von Zeit und Raum hinauszukommen vermag, also nicht bis dorthin, wo die Lösung liegt. Und da Denken und Grübeln zur Zeit als der Hauptweg zu allem Forschen angesehen wird, so ist auch keine Aussicht dafür, daß ein Vorwärtskommen außer in rein irdischen Dingen erwartet werden kann. Es sei denn, daß sich Menschen von Grund aus darin ändern.

Nützet die Zeit des Erdenseins! Denkt an den großen Wendepunkt, der stets die volle Verantwortung mit sich bringt!

Ein Kind ist aus diesem Grunde geistig noch unmündig, weil die Verbindung zwischen dem Geistigen und dem Stofflichen bei ihm noch nicht durch die Sexualkraft geschaffen ist. Erst mit dem Augenblicke des Eintretens dieser Kraft werden seine Empfindungen jene Stärke erreichen, daß sie einschneidend, umformend und neuformend die stoffliche Schöpfung zu durchziehen vermögen, womit es volle und ganze Verantwortlichkeit selbsttätig übernimmt. Vorher ist auch die Wechselwirkung nicht so stark, weil die Empfindungsfähigkeit viel schwächer wirkt. Ein Karma kann deshalb bei der ersten Inkarnation *(Eintritt des Menschen in das irdische Sein) auf Erden nicht so gewaltig sein, sondern höchstens bei der Geburt mit ins Gewicht fallen darin, in welche Verhältnisse hinein die Geburt erfolgt, damit diese dem Geiste bei seinem Erdenleben zum Ablösen des Karmas durch Erkennen seiner Eigenschaften helfen. Die Anziehungspunkte der Gleicharten würden dabei eine große Rolle spielen. Aber alles nur im schwachen Sinne. Das eigentliche kraftvolle und einschneidende Karma setzt erst dann ein, sobald sich im Menschen die Sexualkraft mit seiner Geisteskraft verbindet, wodurch er im Stofflichen nicht nur vollwertig wird, sondern dieses in jeder Beziehung weit überragen kann, wenn er sich entsprechend einstellt.

Bis dahin vermag auch das Dunkel, das Böse, nicht unmittelbar an den Menschen heran. Ein Kind ist durch die Lücke zum Stofflichen davor geschützt. Wie getrennt. Die Brücke fehlt.

Deshalb wird nun vielen Hörern auch verständlicher werden, weshalb Kinder vor dem Bösen einen viel größeren Schutz genießen, was ja sprichwörtlich ist. Auf demselben Wege aber, den die Brücke der eintretenden Sexualkraft bildet, über die der Mensch in seiner Vollkraft streitend gehen kann, vermag dann natürlich auch alles andere zu ihm hereinzukommen, wenn er nicht achtsam genug ist. Aber es kann auf keinen Fall eher geschehen, als bis er auch die notwendige Abwehrkraft besitzt. Eine Ungleichheit ist keinen Augenblick vorhanden, die eine Entschuldigung aufkommen ließe.

Dadurch wächst die Verantwortung der Eltern in das Riesenhafte! Wehe denen, die den eigenen Kindern die Gelegenheit zum Abstreifen ihres Karmas und zum Aufstiege nehmen durch unangebrachten Spott oder durch falsche Erziehung, wenn nicht gar durch böse Beispiele, zu denen auch alles Strebertum gehört auf den verschiedensten Gebieten. Die Versuchungen des Erdenlebens locken sowieso schon zu Diesem und Jenem. Und da den heranwachsenden Menschen ihre eigentliche Machtstellung nicht erklärt wird, verwenden sie ihre Kraft entweder gar nicht, oder zu wenig, oder aber sie vergeuden sie in unverantwortlichster Weise, wenn sie nicht gar unrechte und schlechte Anwendung davon machen.

So setzt denn das bei Unkenntnis unabwendbare Karma in immer größerer Stärke ein, wirft seine Strahlungen durch irgendwelchen Hang nach diesem oder jenem beeinflussend voraus und beengt damit den eigentlichen freien Willen bei Entscheidungen, so daß dieser unfrei wird. Daraus ist auch gekommen, daß die Mehrheit der Menschheit heute keinen freien Willen mehr betätigen kann. Sie hat sich gebunden, gekettet, geknechtet durch eigene Schuld. Wie kindisch und unwürdig sich die Menschen damit zeigen, wenn sie versuchen, den Gedanken an eine unbedingte Verantwortung abzulehnen und lieber dem Schöpfer einen Vorwurf der Ungerechtigkeit darin zu machen! Wie lächerlich klingt die Vorgabe, daß sie ja gar keinen eigenen freien Willen hätten, sondern geführt, geschoben, gehobelt und geformt würden, ohne etwas dagegen tun zu können.

Wenn sie sich nur einen Augenblick einmal dessen bewußt machen wollen, welche klägliche Rolle sie bei solchem Tun eigentlich spielen. Wenn sie vor allen Dingen endlich sich selbst einmal wirklich kritisch betrachten wollten im Hinblick auf die ihnen verliehene Machtstellung, um zu erkennen, wie sinnlos sie diese an Kleinigkeiten und nichtige Vergänglichkeiten verzetteln, wie sie dafür Tand zu einer verächtlichen Wichtigkeit erheben, sich groß fühlen in Dingen, in denen sie doch so klein erscheinen müssen im Verhältnis zu ihrer eigentlichen Bestimmung als Mensch in der Schöpfung. Der Mensch von heute ist wie ein Mann, dem ein Reich gegeben ist, und der es vorzieht, seine Zeit mit den einfachsten Kinderspielzeugen zu vertrödeln!

Es ist nur selbstverständlich und nicht anders zu erwarten, daß die gewaltigen Kräfte, die dem Menschen gegeben sind, ihn zerschmettern müssen, wenn er sie nicht zu lenken versteht.

Es wird höchste Zeit zu endlichem Erwachen! Der Mensch sollte die Zeit und die Gnade voll ausnützen, die ihm durch jedes Erdenleben geschenkt wird. Er ahnt noch nicht, wie dringend nötig es schon ist. In dem Augenblicke, wo er den jetzt unfreien Willen wieder frei macht, dient ihm alles, was jetzt oft gegen ihn zu sein scheint. Selbst die von so vielen gefürchteten Strahlungen der Sterne sind nur dazu da, ihm zu dienen und zu helfen. Gleichviel, welcher Art sie sind.

Und ein jeder vermag es, auch wenn das Karma noch so wuchtig an ihm hängt! Auch wenn die Strahlungen der Sterne vorwiegend ungünstig zu sein erscheinen. Ungünstig wirkt sich das alles nur aus bei einem unfreien Willen. Aber auch dort nur scheinbar; denn in Wirklichkeit ist es doch zum Heile für ihn, wenn er sich selbst nicht anders mehr zu helfen weiß. Er wird dadurch zur Verteidigung, zum Erwachen und Muntersein gezwungen.

Furcht vor den Strahlungen der Sterne ist jedoch nicht angebracht, weil die sich dadurch auswirkenden Begleiterscheinungen immer nur die Fäden des Karmas sind, das für den betreffenden Menschen läuft. Die Strahlungen der Sterne bilden nur Kanäle, in die alles das zurzeit für einen Menschen umherschwebende Karma gezogen wird, soweit es in seiner Art zu den jeweiligen gleichartigen Strahlungen paßt. Sind also die Strahlungen der Sterne ungünstig, so wird sich in diese Kanäle nur das für einen Menschen schwebende ungünstige Karma einfügen, was genau zu der Art der Strahlungen paßt, nichts anderes. Ebenso bei günstigen Strahlungen. So gesammelter geleitet, kann es sich auch dem Menschen stets fühlbarer auswirken. Wo aber kein schlechtes Karma aussteht, werden auch ungünstige Strahlungen der Sterne nicht schlecht wirken können. Eins ist nicht von dem anderen zu trennen. Auch darin wird wieder die große Liebe des Schöpfers erkannt. Die Sterne überwachen oder lenken die Auswirkungen des Karmas. Demnach vermag sich schlechtes Karma nicht ohne Unterbrechungen auszuwirken, sondern muß dem Menschen dazwischen auch Zeit zum Aufatmen lassen, weil die Sterne wechselnd bestrahlen und übles Karma sich zu den Zeiten günstiger Bestrahlungen nicht auswirken kann! Es muß dann unterbrechen und warten, bis wieder ungünstige Strahlungen eintreten, kann also einen Menschen nicht so leicht ganz niederdrücken. Schwebt neben dem üblen Karma eines Menschen nicht auch gutes Karma, das sich bei günstigen Strahlungen der Sterne auswirkt, so wird durch günstige Strahlungen doch wenigstens erwirkt, daß das Leid Unterbrechungen zu Zeiten der günstigen Bestrahlungen erfährt.

So greift auch hierbei ein Rad des Geschehens in das andere. Eins zieht das andere in strenger Folgerichtigkeit nach sich und überwacht es gleichzeitig, damit keine Unregelmäßigkeiten vorkommen können. So geht es auch weiter, wie bei einem Riesenräderwerk. Von allen Seiten greifen die Zähne der Räder scharf und genau ineinander ein, alles weiter bewegend, vorwärts treibend zur Entwicklung.

Inmitten des Ganzen aber steht der Mensch mit der ihm anvertrauten unermeßlichen Macht, durch sein Wollen diesem gewaltigen Räderwerke die Richtung anzugeben. Doch immer nur für sich selbst! Es kann ihn aufwärts oder abwärts führen. Die Einstellung allein ist ausschlaggebend für das Ende.

Doch das Räderwerk der Schöpfung ist nicht aus starrem Material, sondern es sind alles lebendige Formen und Wesen, die mitwirkend um so gewaltigeren Eindruck schaffen. Das ganze wundersame Weben dient aber lediglich dazu, dem Menschen zu helfen, ihm zu dienen, so lange er die ihm gegebene Macht nicht in kindischem Vergeuden und falscher Anwendung hemmend dazwischen wirft. Er muß sich endlich anders einfügen, um das zu werden, was er sein soll. Gehorchen heißt in Wirklichkeit weiter nichts als Verstehen! Dienen ist helfen. Helfen aber bedeutet herrschen. In kurzer Zeit kann jeder seinen Willen frei machen, wie er sein soll. Und damit wendet sich für ihn alles, da er sich innerlich zuerst gewendet hat.

Aber für Tausende, für Hunderttausende, ja für Millionen Menschen wird es zu spät werden, weil sie es nicht anders wollen. Es ist ja nur natürlich, daß die falsch gestellte Kraft die Maschine zertrümmert, der sie sonst gedient hätte, um eine segensvolle Arbeit zu verrichten.

Und bricht es dann herein, so werden sich alle Zögernden plötzlich wieder auf das Beten besinnen, aber nicht mehr die rechte Art dazu finden können, die allein Hilfe zu bringen vermöchte. Erkennen sie dann das Versagen, so werden sie in der Verzweiflung schnell zum Fluchen übergehen und anklagend behaupten, daß es keinen Gott geben könne, wenn er solches zuläßt. An eiserne Gerechtigkeit wollen sie nicht glauben, ebensowenig daran, daß ihnen die Macht gegeben war, alles rechtzeitig noch zu ändern. Und daß ihnen dies auch oft genug gesagt wurde.

Aber sie verlangen für sich mit kindischem Trotze einen liebenden Gott nach ihrem Sinne, der alles verzeiht. Nur darin wollen sie seine Größe anerkennen! Wie sollte dieser Gott nach ihren Vorstellungen wohl dann denen tun, die ihn immer ernsthaft suchten, aber gerade dieses Suchens wegen von jenen, die Verzeihung erwarten, getreten, verhöhnt und verfolgt wurden?

Toren, die in ihrer immer neu gewollten Blind- und Taubheit ins Verderben rennen, die ihr Verderben selbst mit Eifer schaffen. Mögen sie dem Dunkel überlassen bleiben, dem sie hartnäckig im Allesbesserwissen zustreben. Nur durch das eigene Erleben können sie noch zur Besinnung kommen. Deshalb wird das Dunkel auch ihre beste Schule sein. Doch es kommt der Tag, die Stunde, wo auch dieser Weg zu spät ist, weil die Zeit nicht mehr ausreichen wird, sich nach endlichem Erkennen durch Erleben noch von dem Dunkel loszureißen und aufwärts zu steigen. Aus diesem Grunde wird es Zeit, sich endlich ernsthaft mit der Wahrheit zu befassen.

Gralsbotschaft von Abdrushin


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